Die Wurzeln der Beginen

Die Bezeichnung “Begine” galt seit dem 12. Jahrhundert für alleinstehende Frauen, die ein Leben in Wohn- und Arbeitsgemeinschaften mit gleichgesinnten Frauen wählten. Die Frauen entwickelten somit einen völlig neuen Lebensstil, der im Widerspruch zur mittelalterlichen Ordnung stand. Kollektiv hatten Frauen damals nur die Wahl zwischen ein Leben in der Ehe oder im Kloster. Die Ehe war ein Unterwerfungsverhältnis. Sie waren unmündig, hatten keinerlei Rechte, sondern nur Pflichten, sie waren ausgeschlossen vom öffentlichen Leben, von Bildung und konnten nicht über eigenen Besitz verfügen. Das Klosterleben bedeutete ein lebenslanges Gelübde und sich den strengen Ordensregeln zu unterwerfen.

Ab dem 13. Jh. breiteten sich die Beginen rasch über ganz Europa aus. Erstaunlich viele Frauen (bis zu 10 % in den Städten) entschieden sich für ein Leben als Begine. Zur Blütezeit gab es in Köln ca. 170 Konvente (Beginenhäuser)

Beginen zeichneten sich durch wirtschaftliche Unabhängigkeit – die durch eigenes Vermögen, durch eigene Arbeit und durch Stiftungen gewährleistet werden konnte – sowie durch eigenständige Rechtsfähigkeit aus.

Beginenhof Brügge

Beginenhof Brügge

Die Beginen verwirklichten eine neue Kultur des Zusammenlebens von Frauen, die auf Selbstbestimmung und Solidarität gegründet war. Es gab keine für alle Konvente und Beginenhöfe verbindliche Regeln, keine zusammenhängende Organisationsstruktur. Jede Beginengemeinschaft verwaltete und organisierte sich selbst. Sie wählten auf Zeit eine “Meisterin”, der sie Autorität zusprachen, der sie vertrauten und deren Anweisungen sie freiwillig folgten. Sie konnte jederzeit den Konvent verlassen.

Beginen waren ein Teil der religiösen Aufbruchsbewegung in dieser Zeit. Sie strebten nach einem religiösen Leben in der Welt und fanden zu einem neuen spirituellen Selbstbewusstsein. Dabei ging es ihnen vorrangig um persönliche Gotteserfahrungen und nicht um die von der römischen Kirche formulierten Glaubenssätze und Gebote. Das Ideal der damaligen Frömmigkeitsbewegung war: Gott und den Menschen zu dienen.

Vor allem die frühen Beginen bildeten mystisch inspirierte Lebensgemeinschaften und spirituelle Lerngemeinschaften. Sie widmeten sich der Kontemplation, dem Gebet und den geistlichen Übungen. Sie lasen gemeinsam die Bibel und diskutierten frei über theologische Fragen. Sie hielten sich gegenseitig Erbauungspredigten und unterstützten sich untereinander in ihrer spirituellen Entwicklung.

Unter den Beginen befanden sich einige der bedeutendsten Mystikerinnen des Mittelalters, z. B. Hadewijch von Brabant, Mechtild von Magdeburg und Marguerite Porète.

Kölner Begine Christina

Kölner Begine Christina von Stommeln

Zeugnisse der Beginen in Köln sind z.B. die Figur der Begine Christina von Stommeln (oben) am Nordportal des Kölner Domes.

Vor allem waren die Beginen in den Grenzsituationen des Lebens aktiv: in der Krankenpflege, der Sterbebegleitung, beim Totendienst, aber auch als Geburtshelferinnen und Lehrerinnen. Manche gingen auch handwerklichen Tätigkeiten nach, wie z.B. die Herstellung und Verarbeitung von Tuchen.